Organisiert Feste!
Joanna Hassa sprach mit Andreas Frei, dem Musiker aus der Band Fäaschtbänkler, der ein eigenes Ton Studio Namens FreeRecords hat und das Lied „Schlesische Band“ für die Sozial-Kulturelle Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien geschrieben hat. Das Lied, gesungen von Zuzanna Herud, wird in der Deutschen Minderheit gerade gefeiert.
Joanna Hassa: Seit wann musizierst Du schon, war das eine Tradition in deiner Familie zu musizieren?
Andreas Frei: Ich hab von meinen Vater als ich 5 Jahre alt war den ersten Trompetenunterricht erhalten. Damals war er Dirigent der Jugendmusikkappele, hier im Dorf (Kriessern). Meine Mama war auch im Musikverein, ich bin in der Jugendmusikkappele groß geworden, hab da eigentlich mit der Trompete angefangen. Und hab dort die anderen Jungs von den Fäaschtbänkler kennen gelernt.
JH: Also deine Eltern haben musiziert, deine Großeltern auch?
AF: Mein Großvater war auch im Dorfverein hier in Kriessern, Tenorhorn gespielt. Es ist schon quasi eine Familientradition, dass wir Musik spielen
JH: Hast Du auch Geschwister? Spielen sie auch?
AF: Ich habe 3 Geschwister, sie spielen alle auch. Die älteste Schwester spielt Oboe, die jüngere Schwester Klarinette und mein Bruder auch Trompete.
JH: Heißt dass dann, wenn ihr Weihnachten zusammenverbringt, dass ihr gemeinsam spielt und singt?
AF: Singen tuen wir normal, spielen, gespielt haben wir eigentlich noch nie zusammen. Ich glaube ein oder zwei Mal hatten wir so ein kleines Familienbandprojekt. Sonst am Weihnachten einfach singen, lustig rumschreien.
JH: Ich finde es schon interessant, dass ihr euch dann trifft und gemeinsam singt.
AF: Ja, ist klar, aber irgendwie, interessanterweise, haben wir noch nie fertiggebracht, sich wirklich als Band zu organisieren, wahrscheinlich hätte es nicht funktioniert. Alle wurden dann selber der Chef sein wollen 😀
JH: wie ist es dazu gekommen, dass Ihr die Fäaschtbänkler gegründet habt? Wessen Idee war das?
AF: 4 von uns waren schon, vor den Fäaschtbänkler in so einer Blues-Funk-Combo, und dort haben wir gelernt, wie jeder Musik macht. Und dann hat der Michi, der Saxofonist, eine Anfrage, von einem Dorffestival, hier in der Nähe, bekommen. Sie haben nach einer Formation für ein bisschen Stimmung und Unterhaltung für den Sonntagnachmittag gesucht. Wir haben dann zwei Proben gemacht, und 13 Stücke einstudiert und 3-4 Stunden lang dieselben 13 Stücke gespielt (Lachen). Das war dann der Startschuss der Band. Durch dieses Fest haben wir weitere Anfragen bekommen, weil das dann jemand anscheinend gut fand. Danach ging eigentlich alles ziemlich schnell und schon nach den halben Jahr haben wir Wochenende gespielt. Viele Geburtstagsfeier und Hochzeiten. Irgendwann wurden die Auftritte grösser. Wir haben den Martin von Rosenklang kennengelernt, der begleitet uns schon seit 7 oder 8 Jahren, der uns dann Fernsehauftritte organisiert hatte. Das ganze immer grösser, die Veranstaltungen sind immer gewachsen. Bis vor 2 Jahren.
JH: Ihr tretet nicht nur in der Schweiz auf?
AF: Wir treten eigentlich 50% wenn nicht 60% mehr in Ausland auf.
JH: Ihr habt ja auch nicht weit. (Lachen)
AF: Ja, wir sind schon irgendwie im Ausland. (Lachen) (Kriessern, liegt an der Grenze mit Österreich, bis zu der Deutschen Grenze braucht man ca. 25 Minuten – Anmerkung der Redaktuerin) Wir treten in Deutschland, Österreich auf, letztes Jahr sollten wir in Belgien und Holland spielen, es hat aber nicht geklappt, vielleicht nächstes Jahr.
JH: Wie oft habt Ihr dann Auftritte im Jahr?
AF: Wenn’s normal läuft sin so 80 bis 90 Auftritte. Über Fasching spielen wir nicht, da der Michi in einer Guggenmusikgruppe spielt (Es handelt sich um eine stark rhythmisch unterlegte, auf ihre eigene, sehr spezifische Art „falsch“ bzw. „schräg“ gespielte Blasmusik. Die Musiker sind dabei oft verkleidet und teilweise maskiert – Anmerkung der Redaktorin) Es ist ein großer Hype auf diese Gruppen in letzter Zeit, und das Niveau ist auch sehr gestiegen. Aber es geht hauptsächlich um Party.
JH: Vielleicht nächstes Jahr auch in Schlesien?
AF: Ja, hoffentlich!
JH: Eure Band wurde 2008 Gegründet, Ihr habt klein angefangen. Was würdest Du den Musikern sagen wollen, die Ihre ersten Schritte in der Musikbranche machen? Womit sollte man anfangen?
AF: Ein Paar Stücke einüben um an Auftritte zu kommen, um sich zu präsentieren. Und wenn man spielt, versuchen aufs Publikum einzugehen, was wollen die, was wollen die hören. Jetzt im Moment ist es eher schwierig für junge Bands sich den Namen zu machen. Über sozial-Media ist es natürlich leichter.
JH: Wann habt ihr Eure ersten Stücke geschrieben und eingesungen?
AF: Die ersten Stücke sind schon mit der Bandentstehung entstanden. Es hat halt nur ein bisschen gedauert bis wir herausgefunden haben, wie wir das ganze aufnehmen wollen. Wir waren in einem externen Tonstudio und da hat es mit den Aufnahmen ziemlich nicht funktioniert. Ich hab mir dann gesagt: ich kauf mir selber Computer und dann nehmen wir das selber auf. Dann hat es halt noch ein bisschen gedauert, bis ich selber wüste wie man das aufnimmt (Lachen).
JH: Was ist beim Songwriting am schwierigsten?
AF: Das Songwriting an sich ist so eine Sache, wo es extrem viel darüber geht selber zu versuchen, einfach machen und nicht viel hinterfragt. Ich glaube das schwierigste an Songwriting ist, dass man irgendwann zu einem Zeitpunkt kommt und sagt: jetzt bin ich zufrieden. Irgendwann kommt man halt zu einem Punkt wo man mehr kaputt, als besser macht. Daran scheitern extrem viele, dass man einfach nicht zufrieden ist und nicht sagen kann: SO! jetzt bin ich zufrieden und schließe es ab und veröffentliche es. Schlussendlich merkt man das eh am ersten Lied was gut ankommt oder was gut funktioniert, wenn man das Feedback vom Publikum bekommt. Es hört ja jeder anders Musik, und es hat sich dann auch bei uns so herausgestellt, das am meisten die Lieder am besten ankommen, von denen man es nicht erwartet hätte. Wir wollten eigentlich das Lied „Can you English please?“ auf die CD nicht nehmen, weil wir gedacht haben: das ist irgendwie komisch und das gefällt den Leuten sicher nicht. Um einen Haar hätten wir es nicht auf die CD aufgenommen.
JH: Das wäre schade
AF: Ja (Lachen)
JH: Was waren bisher die schrägsten Moment wahrend der Tätigkeit der Band?
AF: Am heftigsten in der Erinnerung sind dann, die ganz großen Auftritte, wo einfach so eine Menschenmenge vor einem ist. Aber dann gibt’s auch wieder Auftritte, die bei mir z.B. hängen geblieben sind. Z.B. der erste große Auftritt in Deutschland, da haben wir in einem Zelt Fest gespielt. So ein riesending, so 4000-5000 Leute waren da, die Stimmung war einfach krass, alle Leute standen sofort auf den Bänken. Wir wurden da total überrumpelt. Da sind wir raus ins Publikum gegangen, die Menschen haben sich um uns versammelt und wir haben einfach nur Party gemacht. Irgendwann wollten wir wieder auf die Bühne. Und als wir unten waren hat jemand die Backstage-Tür abgeschlossen. wir waren ja am Spielen, niemand konnte uns die Tür aufmachen und es keine andere Möglichkeit auf die Bühne zukommen. Ich habe dann irgendwie versucht mit dem Ellbogen ans Fenster zu klopfen, damit die in Backstage hören, dass wir rein wollen. Ich hab bisschen zu fest geklopft und da ist die ganze Scheibe zerbrochen (Lachen). Dann haben sie uns aufgemacht (Lachen).
JH: Ist jetzt Musik das einzige was Du machst?
AF: Ja, ich mache das hauptberuflich: Fäaschtbänkler und Studio. Davon lebe ich. Ich dirigiere noch im Musikverein Eichberg. Im Studio nehmen wir die Musik der Fäaschtbänkler auf. Ansonsten auch Musiker aus der Region, z.B. Oimara.
JH: Wills Du der größte Schweizer Blassmusik-Produzent in der Zukunft sein?
AF: Ich vermute, dass dafür zu wenig Zeit bleibt. Vielleicht wird’s irgendwann viel weniger mit Auftritten, was in Moment überhaupt nicht aussieht, im Gegenteil. Und meine Priorität Nr. 1 bleiben die Fäaschtbänkler. Ich hoffe mein Lebelang (Lachen). Deshalb kann ich nicht so viel Zeit da investieren. Aber ich versuche, so viel und gut es geht.
JH: Wie ist das Lied „Humpa, Humpa“ entstanden?
AF: Das ist hier, im Studio entstanden. Vor zwei Jahren hatten wir den Song „Mimmi Mittwoch“ geschrieben. In diesem Lied haben wir die oberrkraeiner „Humpa, Humpa“ Begleitung in der Strophe eingebaut und im Refrain wixen wir dann ins moderne. In „Humpa, Humpa“ hatten wir die Idee, dass wir das Gegenteil von dem versuchen, also das wir eigentlich die Strophe modern machen und dann anstatt einen krassen Drop zu machen den Refrain volkstümlich zu gestalten. Also die Grundidee war das Gegenteil von „Mimmi Mittwoch“ zu machen. Und der Rest ist dann über Brainstorming, Austauschen, Schreiben so entstanden.
JH: Es gibt viele Jugendliche, die sagen: Blassmusik ist langweilig. Und dann kommt Ihr und begeistert mit solchen Stücken wie „Humpa, Humpa“ oder „Mimmi Mittwoch“. Wieso kommt das bei den Jugendlichen doch so gut an?
AF: Ich denke, dass es eine Bewegung die Richtung handgemachte Musik geht gibt, das es extrem geschätzt wird, dass man nicht mit Autotune arbeitet oder mit komplett programmierten Sounds und elektronischen Sounds, sondern dass in die Richtung geht, dass das ganze mehr Handgemacht wird. Solche Festivals wie Woodstock der Blasmusik in Österreich, die in den letzten 10 Jahren einen riesen Hype erlebt haben, spielen auch eine große Rolle. Dann wird halt so ein Blassinstrument wieder cool, was vielleicht vor 10 Jahren nicht unbedingt so war. Aber es ist total krass, wie die Jugendlichen die am Woodstock der Blassmusik waren, danach komplett einen anderen Zugang zu Blassmusik hatten, und die jetzt richtig z.B. Polkas und solche Sachen abfeiern. Und vorhin wars so: bleehhh, das machen nur die Opas.
JH: Also erleben wir gerade so eine Renaissance der Blassmusik?
AF: Vielleicht, ich weiß es nicht, es ist sicher in dem Bereich viel passiert.
JH: Wie ist das Lied „Schlesische Band“ entstanden?
AF: Ich habe mir zuerst die YouTube-Filmchen, die ich bekommen habe, angeschaut. Das war unheimlich viel Wert, halt von der Geschichte der Deutschen in Oberschlesien was mitzubekommen. Ich hab Worte bekommen und Ortschaften wo man Deutsch spricht, Oberschlesien, das war als erstes da und da haben wir halt aufgebaut. Und plötzlich war das Bild da, das irgendwo bei Euch Kaffee und Kuchen am Sonntagmorgen stattfindet, und ich hab mir probiert im Worten vorzustellen wie es da so abläuft. Da sahen wir plötzlich die Bühne, bei dem Kaffeekranz und haben uns gedacht: ah ja, da könnte ja eine Band spielen (Lachen).
JH: Denkst Du, dass es ein gutes Lied für die Oberschlesier, beim Kaffee und Kuchen sein kann? (lachen)
AF: Keine Ahnung! (Lachen) Aber ich glaube schon! Mitsingen kann man gut, da haben wir extra drauf geschaut, dass man möglichst gut mitsingen kann. Ins Ohr geht der Titel auch. Ich wünsche mir und hoffe auch, dass es einen Großen Anklang bei der Deutschen Minderheit findet.
JH: Wir hoffen das auch, und hoffen gleichzeitig, dass Ihr auch irgendwann mal nach Oberschlesien kommt um das Lied zusammen mit Zuzanna zu singen. Vielleicht noch eine Message an die Deutsche Minderheit?
AF: Organisiert Feste! (Lachen)